CMFD-Seminar "Frieden und Spiritualität" am 05.09.2020 in Münster
Der renommierter
muslimischer Referent Prof. Milad Karimi (Münster) und die profunde
christliche Theologin Prof. Christine Funk (Berlin) gaben in ihren Impulsvorträgen Einblicke in die muslimische und christliche Sichtweise.
Gedanken von Prof. Karimi:
Islam bedeute Frieden und Barmherzigkeit. Das seien Zukunftsbegriffe, das unerreichte Noch Nicht in den Blick zu nehmen. Bei Jesaja sei Frieden die „Frucht der Gerechtigkeit“. Islam beinhalte die Arbeit für den Frieden; Frieden zu stiften, sei die höchste Pflicht. Aber sie ist keine äußerliche Pflicht (dann bliebe es ein abstraktes und leeres Ideal), sondern eine innere Haltung. Der Mensch sei von Gott als Statthalter auf Erden eingesetzt worden; seine Aufgabe sei die Bewahrung und der Schutz des Lebens. Mensch sein heiße, auf Gott zu vertrauen und zu dem Ideal zu gelangen, zu dem der Mensch bestimmt sei ... Es sei nicht zu leugnen, dass im Namen des Islam wie auch anderer Religionen Unrecht geschehen sei. Deshalb müsse sich der Islam Fragen stellen. Darf Religion politisch sein? Ein „politischer Islam“ sei ein nichtssagender, undifferenzierter Begriff. Aufgabe der Religion sei allerdings durchaus politisch, nämlich die Tugenden der Gerechtigkeit und Humanität in die Gesellschaft hinein zu tragen. Aber Gott zu einem „funktionalen Gott“ zu machen, sei das Gegenbild zum Islam ...
Gedanken von Prof. Funke:
Die evang. Friedenskirche in Potsdam, erbaut
1848 nach Plänen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. und
frühchristlichen Vorbildern, zeigt deutlich die Ambivalenz des christlichen
Friedensbegriffs zwischen prophetischer Rede und staatlichem
Herrschaftsanspruch auf ... Diese Ambivalenz der
christlichen Friedensbotschaft zeige sich einerseits in Augustinus‘ Lehre vom
„gerechten Krieg“, die auch von Luther übernommen wurde und Eingang in das
Augsburger Bekenntnis von 1530 fand ... Andererseits habe es durch
die Kirchengeschichte hindurch bis heute Einzelpersonen und christliche Gruppen
gegeben, die die Gewaltfreiheit des Evangeliums zu leben versuchten ...Im 20. Jahrhundert kamen
Gruppen wie das Deutsche Mennonitische Friedenskommittee, „Christian
peacemakers Teams“. Auch Eirene und pax christi sehen sich in dieser Tradition,
die weit über den christlichen Bereich hinausgreift (Gandhi!) ... Der Friede Christi – nicht
von dieser Welt. Der Frieden, den die Welt verspricht, baue auf Macht und
Gewalt auf, er verheiße die erlösende Macht der Gewalt. Jesus weist und geht
den Weg der Gewaltlosigkeit. „Den Frieden
lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt
gibt.“ (Joh 14,27)
In Arbeitsgruppen wurden
Vorträge und Diskussion anhand der Themen „biblisch-koranische Vertiefung“,
„Spiritualität und Gewaltfreiheit“, „Spiritualität der offenen Augen –
Nächstenliebe und Barmherzigkeit“ weiter erörtert. Ein muslimisches Zeugnis zum
dritten Thema: Die Quelle für unsere Barmherzigkeit ist Gott selbst, denn Er
ist barmherzig.